Kokzidien

Vor einigen Jahren erhielt Dr. Renate Lorenz eine E-Mail vom Direktor des Schildkrötenparks "A Cupulatta" auf Korsika mit der Bitte um tiermedizinische Hilfe. In dem Park gab es ein ernsthaftes Problem: Viele Schildkröten litten unter dem chronischen Befall mit Kokzidien. Für Jungtiere war die Erkrankung oft tödlich.

Kokzidien sind mikroskopisch kleine "Sporentierchen", die vor allem in Epithelzellen (Epithel bezeichnet Deckgewebe und Drüsengewebe) des Verdauungstraktes, der Leber und Niere bei Wibeltieren parasitieren. Die von den Sporentierchen verursachte Kokzidiose tritt oft seuchenartig auf, häufig ist der Ausgang der Erkrankung tödlich.  Entdeckt wurden die Kokzidien von dem Zoologen Karl Georg Friedrich Rudolf Leuckart (1822-1898), der auch als Begründer der Parasitologie gilt.

Oozysten (mikroskopisch sichtbares Entwicklungsstadium im Lebenszyklus einzelliger Parasiten) von Eimeria maxima. Eimerida-Arten gelten als die typischen Erreger der Kokzidiose

Bildnachweis: Von USDA ARS - https://www.ars.usda.gov/Main/docs.htm?docid=11018, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1922898

Im Schildkrötenpark "A Cupulatta" waren vier Schildkrötenarten von der Kokzidiose betroffen. Dabei handelte es sich um folgende Tierarten:


Junge Tiere, die weniger als 4 Jahre alt waren, sind nach 2 bis 3 Tagen verstorben. Die Diagnose (Intranukleäre Kokzidiose der Tropischen Landschildkröten - TINC Tortoise intranuclear Coccidiosis = Viszerale Kokzidiose) erfolgte über eine Sektion.

Symptome:

Die erkrankten Tiere zeigen insbesondere folgende Beschwerden:

  • Diarrhoe,
  • Anorexie (Appetitlosigkeit),
  • Apathie und
  • chronischer wässriger Nasenausfluss mit Lidödemen (Augenschwellungen).

Pathogenese:
Bei den Kokzidien gibt es eine asexuelle und eine sexuelle Vermehrung.
Der asexuelle Entwicklungszyklus findet intranukleär in den Epithelzellen der Nasenschleimhaut, aber auch intrazytoplasmatisch in den Lymphozyten der viszeralen Organe statt.
Die sexuelle Vermehrung, die zur Ausscheidung der Oozysten (siehe Foto) führt, findet im Darmepithel statt. Die Infektion erfolgt über die Aufnahme von Oozysten. Neben Schädigungen der Nasenschleimhaut treten lymphoplasmazelluläre Entzündungsreaktionen in Lunge, Leber, Milz, Niere und Pankreas auf. Da eine Schädigung der Lymphozyten vorliegt, kommen häufig Septikämien (Gesamtinfektionen) mit Todesfolge vor.

Verbreitung der Erkrankung:
Tropische Landschildkröten sind empfänglich für TINC. Bei europäischen Landschildkröten konnten diese Kokzidienformen bisher nicht nachgewiesen werden, auch dann nicht, wenn sie in engem Kontakt mit tropischen Landschildkröten gehalten werden.

Diagnosemöglichkeiten:
Zytologische Untersuchungen einer Nasentupferprobe, parasitologische Kotuntersuchungen, in Form einer Flotation, können hilfreich sein, eine molekularbiologische Untersuchung der Nasentupfer oder der Kotproben bringen eine sichere Diagnose. Ein Erregernachweis im Blut ist nicht möglich.

Therapie:
Baycox 5%ig, 15 mg/kg p.o. 1:10 verdünnt mit Wasser alle 48 Stunden über 56 Tage.

Epikrise:
Eine gründliche Reinigung und Desinfektion der Haltungsanlage mit Kresolen ist empfehlenswert, um Reinfektionen zu vermeiden. Ebenso eine separate Haltung von europäischen und tropischen Landschildkröten.