Muc-Muc

Unsere Sicherheitschefin

Die Hirtenhündin hat jede Lage im Griff

Muc-Muc, die heutige Wach- und Sicherheitsbeauftragte der Praxis, wurde am 29.08.2003 in Zărneşti bei Braşov in Rumänien im Alter von ca. 10 Tagen in einem Pappkarton gefunden. Hinter einer Häuserwand in einer kleinen Grünanlage, der in etwa die Größe eines Bauplatzes hatte, stießen Susi und Dr. Lorenz auf das ramponierte Behältnis, dessen kläglich wimmerndes Innenleben es in sich hatte. Der brisante Fund: zwei junge, achtlos ausgesetzte Hündchen, die nach ihrer Mama jaulten. Nach einer kurzen Begutachtung der beiden Welpen wurde jedoch beschlossen, die Kleinen im Karton, in dem sich neben den kleinen schwarzen Bündeln nur noch etwas Pferdefutter befand, zurückzugeben. "Ich kann schließlich nicht alles mitnehmen", sagte Frau Doktor zu sich ...

Aber natürlich kam es, wie es kommen musste, nämlich ganz anders. Denn am nächsten Morgen war, sehr früh selbst für die Karpaten, der erste Schnee gefallen. Irgendwie aus unerklärlichem Grunde standen die beiden gleich nach dem Frühstück wieder auf dem Mini-Parkgrundstück vor dem mittlerweile zusammengefallen Karton. Ein Hund war noch da. Das zarte Wesen, augenscheinlich ein Hirtenhund im pechschwarzem, verfilzten Fell, machte einen so jämmerlichen Eindruck, dass es den beiden zu Herzen ging. Er war schon sehr schwach und das Ende absehbar. Renate Lorenz tat das, was sie in solchen Fällen immer tut: Sie handelte, griff zu und nahm den verwahrlosten Vierbeiner mit dem feuchten Schnäuzchen, der den Namen Muc-Muc bekam, was wörtlich übersetzt "Popel", "Schleim" oder "Überbleibsel" bedeutet.


Nun begann eine ebenso aufreibende wie spannende Zeit. Woher bekommt man in einem Land, in dem sich die Hunde seit hunderten Hundegenerationen halbwild allein durchschlagen müssen, so dass der Überlebenskampf schon in der Population vererbt wird, Hundeaufzuchtmilch her? Antwort: Nirgendwo ... also musste eine Lösung her und, wie es der Zufall wollte, ergab die sich im Gespräch mit einer der Köchinnen aus dem Hotel, die das Hündchen zufällig sah. Sie und ihre Kolleginnen brachten ab sofort jeden Tag frische Kuhmilch von zu Hause mit, denn damals hatte praktisch jeder Haushalt etwas Vieh zur Eigenversorgung. Doch das durfte niemand wissen, denn der Hotelbesitzer hatte jede Form der Tierhaltung in seinem Haus strengstens verboten, durfte also auf keinen Fall von Muc-Mucs Anwesenheit etwas ahnen. Also wurde die Milch jeden Tag ganz heimlich in einer leeren Fanta-Flasche angeliefert.
Den entscheidenden Hinweis lieferte Dr. Ionut Zărnoveanu, medic veterinar aus Zărneşti

Doch das war nur die erste Hürde. Die zweite lag in der Frage, wie die Milch in den Hund kommt ... denn - Sie werden es nicht glauben - im gesamten Ort war nirgendwo eine Babyflasche aufzutreiben. Sowas war damals in Rumänien noch ein Luxusgegenstand. Aber auch hier ergab sich eine Lösung, denn ganz in der Nähe von Zărneşt gab es damals ein mit deutschen Fördermitteln betriebenes Wolf-Projekt, bei dem unter anderem junge Wölfe aufgezogen wurden. Davon hatte Renate Lorenz, die selbst Fördermitglied ist, natürlich schon während der Reiseplanung gehört.

Nächstes Problem waren die Papiere. Wo findet man in Rumänien einen Tierarzt, der sich um Hundeaufzucht und Hundegesundheit kümmert, wo es dort in dieser Zeit doch eher um Hundeentsorgung gegangen ist. Dr. Lorenz hat schließlich einen Kollegen gefunden, der ihr die nötigen Papiere ausgestellt hat. Als Gegenleistung ist sie einen Tag mit ihm unterwegs gewesen und könnte schauerliche Dinge über die Tierbehandlung in Rumänien berichten, wenn sie darüber sprechen wollte. Sie will aber nicht!
Muc-Mucs provisorische Papiere von einem rumänischen Tierarzt.

Zurückgekehrt nach Deutschland wurde Muc-Muc dann fachgerecht verarztet und mit der mitgebrachten "Wolfsflasche" sehr erfolgreich groß gezogen, denn aus ihr wurde sehr schnell eine sehr große, sehr schwarze und sehr, sehr selbstbewusste, ja eigenwillige Hündin. Und sie wurde "mein Hund", wie Renate Lorenz sagt. Aber ihre rumänische Art hat sie bis heute nicht abgelegt. Sie frisst auf Vorrat, spart ihre wertvollen Ressourcen, wo immer es geht - ja nicht zu schnell, zu weit, zu wild, das wäre schließlich Verschwendung.

Jederzeit auf der Hut: Muc-Muc Lorenz.

Muc-Muc auf ihrem Wachposten.

Sie bewacht und schützt alles, was sie hat, damit feindliche Meuten ihre Schätze nicht erbeuten und dubiose Dreckschleudern wie z.B. der Postbote oder der "Blutmann", also der Laborbote, ja nicht das Haus betreten. Die Herren erleben unsere Muc-Muc Tag für Tag in absoluter Bestform, und zwar ab dem Moment, wo sie penetranter Weise tagtäglich am Horizont auftauchen und bis zu dem Moment, wo sie hinter selbigem wieder verschwinden: "Du elende Dreckschleuder ... verschwinde. Du bist nicht erwünscht! Das habe ich Dir doch schon gestern gesagt. Du hast hier nichts verloren. Hau ab!".

Das tief grollende Knurren und Bellen kennt auch jeder, der schon mal außerhalb der Praxiszeiten klingelt, was ja auch hin und wieder - gerade bei Notfällen - vorkommt. Eine Klingel ist im Hause Lorenz also prinzipiell überflüssig, denn zur Praxiszeit ist die Tür für unsere Patienten offen und jenseits dessen kündet Muc-Muc treffsicher jeden Besuch rechtzeitig und unüberhörbar an. Genau damit ist sie vom Tätigkeitsprofil her allerbestens geeignet, den Schutz- und Wachdienst für unsere Praxis sicher zu stellen ... Wenn also auf irgendwelchen Sofas oder Decken ein imposanter, schwarzer Fellberg rumliegt und völlig weggetreten zu schlummern scheint, dann lassen sie sich nicht täuschen ... Muc-Muc ist hellwach und hat die Lage voll im Griff.

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