Kolumbus

Vom Ordnungsamt ergriffen

Ein Entenküken auf Irrfahrt in unsere Praxis

Das junge Entenküken wurde von zwei Mitarbeiterinnen des Ordnungsamts Kreuzberg mitten auf einer großen Kreuzung an der Hasenheide aufgegriffen. Dem Ordnungsamt entgeht eben gar nichts, nicht mal ein einsames Küken, das sich ordnungswidrig im Straßenverkehr bewegt. Nachdem das mutter- und geschwisterlose Entlein erfolgreich eingefangen war, versuchten die tierlieben Ordnungswächter das Junge bei einem örtlichen Tierarzt unter zu bringen ... Vergeblich! Allen ticketgeplagten Verkehrsteilnehmern sei versichert, dass sich die Politessen nach eigenem Bekunden mächtig die Hacken abgelaufen haben ...

Sei es, wie es sei ... Es war kein Tierarzt und keine Tierärztin zu finden, die bereit war, das nur wenige Tage alte Entlein aufzunehmen. Immerhin verwies irgend jemand aus dem Kreise des Ordnungsamts auf uns, denn sie hatte gehört oder gelesen, dass wir solche Fund- und Wildtiere aufnehmen. So kam Kolumbus nach langer und beschwerlicher Reise endlich ans Ziel. Deshalb auch sein Name. Es stimmt übrigens entgegen anderslautender Gerüchte nicht, dass Frau Dr. den Kolumbus nur unter der Bedingung aufgenommen habe, dass sie ab sofort nie mehr ein Parkticket bekäme ...

Wie klein Kolumbus war, als er zu uns kam, verdeutlicht das Portrait von ihm, denn da sitzt er in der Brusttasche von Willi, unserem Chirurgen und betrachtet die Welt. Tagsüber vergnügt er (oder sie - zum Zeitpunkt als dieser Artikel geschrieben wurde, wussten wir es noch nicht, mittlerweile ist klar: Kolumbus ist eine Sie) sich in unserer neuen Volière. Dort gibt es ja schon einen Teich für die Wasserschildkröten, die sich das Wasser nun wohl oder übel eine ganze Weile mit Kolumbus teilen müssen. Nachts schläft Kolumbus übrigens im OP in einem Katzenkorb ...

In den vergangenen drei Wochen, die er nun schon bei uns ist, wächst und gedeiht er jedenfalls prächtig. Extra für ihn hat Susi im Internet gerade wieder drei Kilo Mehlwürmer bestellt. Na dann guten Hunger, kleiner Kolumbus ...

Mittlerweile ist aus Kolumbus eine junge Entendame geworden, und der Volièrenteich viel zu klein geworden. Deshalb geht sie tagsüber regelmäßig im großen Gartenteich baden. Es macht ihr sichtlich Spaß, im Wasser herumzuplanschen. Den Fischen ist der Spaß deutlich weniger anzusehen ... aber da müssen die durch.

Es ist wirklich erstaunlich, wie zahm Kolumbus geworden ist. Denn sie macht gar keine Anstalten, wegzulaufen oder gar wegzufliegen. Abends besteht sie weiterhin strikt darauf, in ihrer Volière nächtigen zu dürfen. Doch bald kommt die Zeit, da werden wir Kolumbus an einem schönen See auswildern. Ihr neues Zuhause wird dann der Röddelinsee bei Templin, wo Freunde von uns wohnen, ihr regelmäßig Futter geben und nach ihr schauen können.